Rettung aus der Luft: Ein Besuch bei Christoph 30

von Max Förster


Seit 1983 schwebt Christoph 30 durch die Lüfte der Region und sorgt dafür, dass der Notarzt rechtzeitig zur Erstversorgung vor Ort ist. Fotos: Max Förster
Seit 1983 schwebt Christoph 30 durch die Lüfte der Region und sorgt dafür, dass der Notarzt rechtzeitig zur Erstversorgung vor Ort ist. Fotos: Max Förster | Foto: Max Förster



Region. Täglich rücken zahlreiche Rettungskräfte aus, um Menschen in der Not zu helfen. Für die Rettung aus der Luft kommt dabei der Rettungshubschrauber des Städtischen Klinikums Wolfenbüttel Christoph 30 zum Einsatz. regionalHeute.de hat den fliegenden Notärzten einen Besuch abgestattet, um mehr über den Hubschrauber zu erfahren, der kürzlich seinen 33-jährigen Geburtstag feierte.

Die Erstversorgung am Unfallort und die Zeit, bis ein Patient in der Klinik eintrifft, können über Leben und Tod entscheiden. Die Luftrettung spielt dabei eine wichtige Rolle. Seit 1983 schwebt Christoph 30 durch die Lüfte der Region und sorgt dafür, dass der Notarzt rechtzeitig zur Erstversorgung vor Ort ist. Rund 70 Rettungshubschrauber mit dem Namen Christoph fliegen in ganz Deutschland durch die Lüfte. Seit 1983 kam der 30. Christoph am Standort Wolfenbüttel dazu und sorgt seitdem bei etwa 1.500 Einsätzen im Jahr für die Erstversorgung und den Transport von Patienten. In einem Interview mit dem leitenden Hubschrauberarzt Dr. Ulrich Heida und Dr. Tobias Jüttner, Chefarzt der Anästhesie, bekam regionalHeute.de einen kleinen Überblick über die Aufgaben und die Hintergründe der Luftrettung.

Was ist die Aufgabe von Christoph 30?



Die Aufgaben des Rettungshubschraubers sind zum einen die notärztliche Versorgung und zum anderen der Transport von verletzten Patienten, sagt Jüttner. Kommt es zu einem Unfall, gebe es drei Möglichkeiten, erklärt er. Die erste Möglichkeit ist, dass man vor Ort feststellt, dass es den Personen gut geht und gar nichts passiert ist. "Solche Fehleinsätze kommen mit einer Wahrscheinlichkeit von etwa 10 Prozent vor", so Jüttner. Die zweite Möglichkeit stellt einen Unfall dar, bei dem der Transport von Verletzten keine ärztliche Begleitung benötigt. Hier erfolgt der Transport über den Rettungstransportwagen. Wird allerdings eine ärztliche Begleitung benötigt, so müsse entschieden werden, ob der Transport über den Boden oder über die Luft abgewickelt wird.

Wer trifft die Entscheidung, ob ein Unfall angeflogen oder angefahren wird?

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Die Leitstelle entscheidet, ob ein Unfall mit Hubschrauber angeflogen wird oder nicht. Foto: Robert Braumann



Grundsätzlich gilt, dass unabhängig von einem Lufteinsatz die Bodenrettungskräfte immer rausfahren, teilt Heida mit, "denn bei der Luftrettung handelt es sich um ein ergänzendes Rettungsmittel. Die Entscheidung, ob Christoph 30 zum Einsatz kommt, trifft die Leitstelle." Hier spielen Faktoren, wie Entfernung, oder der Grad der Verletzung eine Rolle. Die Leitstelle muss aus den ihr vorliegenden Erstinformationen abschätzen, wer am schnellsten vor Ort sein kann, sagt Heida. Kommt es auf einer Autobahn zu einem Unfall, so könne sich ein Hubschrauber eher einen Überblick über den Unfallort machen, als ein Rettungswagen, der sich im schlimmsten Fall erst durch einen Stau kämpfen muss, erklärt er.

Wie weit reicht das Einsatzgebiet von Christoph 30?

Der Radius, in dem Unfälle angeflogen werden, beträgt von Wolfenbüttel aus gesehen rund 50 Kilometer. Das Gebiet reicht im Westen bis nach Peine, nördlich bis Gifhorn, östlich bis an die Grenze von Sachsen-Anhalt und südlich fast bis an den Brocken ran. "Allerdings sind dies keine starren Festlegungen", betont Heida, "wir unterstützen auch andere Regionen, falls dort bereits ein Rettungshubschrauber im Einsatz ist." So habe man beispielsweise schon mal Magdeburg zur Unterstützung angeflogen.

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Knapp 900 Rettungsflüge hat Christoph 30 bereits in diesem Jahr hinter sich. Foto: Max Förster



Wie viele Einsätze gibt es ungefähr im Jahr?

Die Einsatzzahlen von Christoph 30 befinden sich im Rahmen von 1.300 bis 1.700 Einsätzen im Jahr. 2015 waren es rund 1.500 Einsätze. Knapp 900 Rettungsflüge haben bereits in diesem Jahr stattgefunden, sagt Jüttner.

Was muss man für Qualifikationen mitbringen, um als Notarzt bei Christoph 30 mitfliegen zu dürfen?

"Zunächst bedarf es umfassende Erfahrungen in der Notfall- und Rettungsmedizin", erklärt Heida. Meistens gehe dies mit dem Status eines Facharztes einher. Das heißt man benötige mindestens fünf Jahre Arbeitserfahrung in einem Klinikum. "In Zahlen sind das rund 1.000 Einsätze in der Bodenrettung, ehe es in die Luft geht", sagt Jüttner.

Wie viele Ärzte haben diese Qualifikation?

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Notarzt Ulrich Adam (von links), Lars Schäfer, Notfallsanitäter/HEMS TC und Pilot Frank Hetzer sorgen für die Rettung aus der Luft. Foto: Max Förster



80 bis 90 Prozent der fliegenden Fachärzte kommen aus dem Bereich der Anästhesie. In dieser Abteilung gibt es momentan 22 Anästhesisten. Nicht alle von ihnen gehen jedoch mit Christoph 30 in die Luft . "Derzeit gibt es zehn fliegende Notärzte im Städtischen Klinikum", teilt Heida mit. Unter den zehn Notärzten werden dann die täglichen Dienste aufgeteilt. Unter der Woche sind sie im normalen Klinikumbetrieb eingesetzt und rücken auf Abruf mit dem Hubschrauber aus. An Wochenenden handelt es sich dann um Bereitschaftsdienst. Die Notärzte und Notfallsanitäter werden zudem von insgesamt drei festen Piloten zu den Einsatzorten geflogen.

Wie lange gehen die Schichten und wann darf Christoph 30 in die Luft?

Die Flug- und demzufolge auch die Dienstzeit beginnt mit dem Sonnenaufgang (frühestens um 7 Uhr) und endet spätestens mit Sonnenuntergang, erklärt Jüttner, "in der Dunkelheit werden keine Notfälle mit Christoph 30 angeflogen." Das liege daran, dass man durch die geringe Sicht manche Gefahren, wie etwa Überlandleitungen, nicht abschätzen könne. Es könne höchstens vorkommen, dass man von einem Einsatz in die Dämmerung hineinfliegt, so Jüttner. "Die längste Schicht dauert maximal 14 Stunden", sagt Heida.

Wo kann und darf Christoph 30 überall landen?

"Wir dürfen prinzipiell überall landen, wo es technisch möglich ist", verrät Jüttner. Hierzu ist eine Fläche von mindestens 20 mal 20 Metern notwendig. Schwierig werde es lediglich, wenn Gebiete angeflogen werden, die stark bewaldet sind oder sich durch eine starke Neigung auszeichnen. Ein direktes Landeverbot in dem Sinne gebe es nicht, so Jüttner.

Im Oktober des vergangenen Jahres stellten die CDU-Landtagsabgeordneten Frank Oesterhelweg und Rudolf Götz eine Anfrage an die Landesregierung, um die Frage einer Aufrüstung des Rettungshubschraubers Christoph 30 mit einer Seilwinde zu klären. Eine Entscheidung ist bisher allerdings nicht gefallen (regionalHeute.de berichtete). Wie wichtig schätzen sie eine solche Seilwinde ein?

"Vom Standort aus wäre das möglich und aus unserer Sicht macht das für den Harz auch Sinn", betont Jüttner. Gerade bei Unfällen von Mountainbikern oder Skifahrern müsse eine schnelle Rettung erfolgen, um eine Unterkühlung oder die Gefahr einer Infektion zu verhindern, erklärt Heida. Ehe der Hubschrauber einen passenden Landeplatz gefunden hat, vergehe zu viel Zeit, "dann könnte man gleich eine Bodenrettung einsetzen", betont er.



Hat Christoph 30 eine andere Ausrüstung als die am Boden eingesetzten Einsatzfahrzeuge?

"Der Hubschrauber besitzt die gleiche Ausrüstung, wie ein herkömmliches Notarzteinsatzfahrzeug", weiß Heida. Lediglich der Materialaufwand sei höher und es kommen bessere Beatmungsgeräte zum Einsatz. Zudem gebe es mehrere Infusionspumpen an Bord.

Können Sie sich noch an ihren ersten Flugeinsatz mit Christoph 30 erinnern?

"Mein erster Einsatz mit Christoph 30 führte mich nach Sickte", teilt Jüttner mit. "Das dürfte im Jahre 2012 gewesen sein. Hier musste ein 15-jähriges Mädchen wiederbelebt werden." Beim leitenden Hubschrauberarzt liegt der erste Einsatz schon ein paar Jahre zurück. "Wenn ich mich recht erinnere, war das im Jahr 1990", so Heida. An den genauen Fall könne er sich allerdings nicht erinnern.

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